Die Geschichte des  L’estomac

 
 

Die Herstellung des Magenbitters L'estomac hat den Namen Kaldenkirchens weit ins Land hinaus getragen. Er wurde von Dr. med. Josef Schroembgens entwickelt und produziert. Schroembgens, geb. 19.3.1839 und Sohn des Kaufmanns, Stadtverordneten und Kirchenpräsidenten C.M. Schroembgens, hatte nach Schulbesuch in Kaldenkirchen und Absolvierung des Gymnasiums in Warendorf in Münster, Würzburg und Halle studiert. Nach dem Staatsexamen ließ er sich 1866 als Arzt, Wundarzt, Geburtshelfer und Lungenarzt in Kaldenkirchen nieder. Gleichzeitig besuchte er wöchentlich Prof. Samische Lungenklinik in Bonn, zog 1868 nach Mönchengladbach, wo er vier Jahre als Speziallungenarzt jährlich circa 2000 lungenkranke Personen behandelte. 1873 veranlaßte ihn ein rheumatisches Leiden  zur Rückkehr nach Kaldenkirchen. Bei den unzulänglichen Verhältnissen für die Existenz zweier Ärzte in Kaldenkirchen gründete er 1873, wie der Darstellung von Bürgermeister Bertges von 1882 zu entnehmen ist, ein Liqueurgeschäft – Spezialartikel L'estomac), das eine bedeutende Ausdehnung gewonnen hat, jedoch hauptsächlich von seinem mitbeteiligten Bruder – dem Kaufmann Albert Schroembgens geführt wird. Dr. Josef Schrömbgens starb 1889 im Alter von nur 50 Jahren. Sein Grabstein steht noch auf dem alten katholischen Friedhof an der Ecke Bahnhofstrasse/Kanalstrasse. Vielfach prämiert konnte sich das Unternehmen trotzdem nur für rund eine Generation halten. 1915 lebte Dr. Josef Schroembgens in Kleve und nach seiner eigenen Aussage arbeitete die Firma damals schon seit mehreren Jahren mit Unterbilanz. Anbei das Bild einer Flasche aus dem Jahre 1912.

 

Im Buch Finken „Stadt Kaldenkirchen“ ist zu lesen, daß L’estomac“ den Namen Kaldenkirchen nicht nur im Rheinland, sondern „auf dem ganzen Festlande und den jenseits des Meeres wohnenden Völkern bekannt gemacht hat“. Es ist hinzugefügt: „An Liqueuren werden ferner hier noch fabriziert: Bitterliqueur genannt: “Stomach“ von Albert Reiners, holländ. Bitterliqueur „Magen=Cognac“ von Hubert Fußhoeller.

 
Sodann befindet sich in Kaldenkirchen die Dampf-Cognacfabrik (Marke „ La grande Marque“) von Rudolph Damen, gegründet 1884, welche in den Jahren 1893 und 1896 durch Neubauten noch bedeutend vergrößert wurde, die Branntwein-Destillerie und Liqueurfabrik von August Rath, die Bierbrauerei von Gebrüder Küppers und Bierbrauerei von Johann Wilhelm Küppers.
 

Der Grabstein der Eheleute Dr. Schrömbgens befindet sich auf dem alten katholischen Friedhof an der Ecke Bahnhofstrasse / Kanalstrasse. Er ist noch gut erhalten. Ein früher aufstehender wunderschönen Steinengel steht jetzt am Eingang des städt. Friedhofes an der Grenzwaldstrasse.

 

 

 

 
 

 

Über den L'estomac ist in Aufzeichnungen der früheren Karnevalsgesellschaft Juchhei ein Lied gefunden worden; ein L'estomac-Lied. Verfasser ist unbekannt, jedoch ist die Melodie bekannt. Der Text schildert in sehr schöner Form, in welch bescheidener Weise Dr. Schrömbgens den L'estomac zu einem weltweiten Ruhm gebracht hat, er schildert die Wunderkräfte des Schnapses, er schildert den Drang der Leute zu diesem Trunk, er schildert die Konkurrenzsituation und er endet mit der Ehrung „Seve Schröm“ auf der Flasche.

 

 
 

 ♫   MELODIE: ICH BIN DER DOKTOR EISENBART  ♫
( VERFASSER UNBEKANNT )

 Ein Veilchen im Verborgenen blüht, L’estomac Juchhe!
Drum Zeit ist’s, dass an’s Licht man’s zieht, L’estomac Juchhe!
Was sonst der ganzen Welt bekannt,
wird hier noch nicht einmal genannt.

 Refrain:          Heideria, heideria, L’estomac Juchheirassah!
             Heideria, Heideria, L’estomac Juchhe!

 Sein Ruhm in alle Winde geht,
sein Ruf in jeder Zeitung steht.
Das ganze Ausland kennt ihn schon,
den ach zu Haus verkannten Sohn. 

Refrain:          Heideria

 Erfinder schwört beim Doktorhut,
sein Schnaps, der sei für „Alles“ gut.
Für jedes Uebel innerlich,
für manches auch noch äusserlich. 

Refrain:          Heideria  

 

Es glaubt bei solchem dicken Schwur
bald alles an die Wunderkur.
Ein jeder will von seiner Pein
durch L’estomac kurieret sein.

 Refrain:          Heideria

Und die Moral von der Geschicht‘,
es donnert wie das Weltgericht.
Hinweg die ganze Pharmacie
samt Daubitz, Stibbe, Compagnie! 

Refrain:          Heideria

Underbergh, du bist kaput,
dein Boonekamp es nicht mehr thut.
Ein Andrer kauft nun Güter ein,
ein Andrer wird bald Ritter sein.

 Refrain:          Heideria 

Sehr wohl! Der Ritter ist das Ziel,
ein Wappen wär‘ doch nicht zuviel.
Viel‘ Orden schmücken dann die Brust,
o welcher Jubel, welche Lust!

Refrain:          Heideria

Und wisst ihr, was in’s Wappen käm‘:
„Auf einer Flasche - Seve Schröm“.
Mit der Devise: „Denk daran,
wie weit der Schnaps dich bringen kann“.

Refrain:          Heideria

 

 


Im Jahre 1994 wurden überraschend im Haus Ploenes, Kölner Strasse 11 in der früheren Spirituosengroßhandlung im Keller noch verschlossene Flaschen L’estomac entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Flaschen wahrscheinlich mehr als siebzig Jahre alt, der Inhalt aber immer noch trinkbar.

Interessant, was auf dem noch gut erhaltenen Etikett zu lesen war.

„Dr. med. Schrömbgens L’estomac extrafeiner Magenbitter, Dr. med. Schrömbgens, Fabrik in Bremen. Alleiniger Hersteller Güldenhaus, Bremen, Stammhaus gegründet 1818. Dieser vorzügliche Kräuter-Extrakt ist seit 1875 bewährter Magenbitter, der auch mit Weinbrand oder Sodawasser vermengt einen gesunden Haustrunk liefert. Preisgekrönt: Cöln a.Rh.1875, Spa 1875, Luxemburg 1875, Trier 1876, Utrecht 1876, Rotterdam 1877, Breslau 1877, Capstadt S.Afrika 1877, Amsterdam 1883, Nizza 1883 und 1884. Antwerpen 1885, Viersen 1903, Bremen 1922 und 1925, C. Barkhausen Bremen-N." Auf der Rückseite der Flasche: "Schwache Trübungen, hervorgerufen durch andauernde Abkühlung, liefern den Beweis der Echtheit“. 
 

 


Warum ab dann dieser beliebte Haustrunk plötzlich von der Bildfläche verschwunden ist, weiß bis heute niemand.

 Den Fund hat die Familie Ploenes dem Bürgerverein anvertraut. Dieser hatte vor einiger Zeit zusammen mit der Brennerei Hartges in Schwalmtal fürs Kaldenkirchener Frühlingsfest 1980 den guten alten L’estomac neu aufgelegt; allerdings ohne die genaue Rezeptur zu kennen. Der bittere Tropfen schmeckte zwar gut und ließ sich auch gut verkaufen, aber, wie sich jetzt herausgestellt hat, schmeckte er doch anders als das Original. Der alte, echte L’estomac wurde im Labor der Brennerei Hartges   analysiert. Die Folge war, daß der früher mit 42 % Alkohol vertriebene Kräuterbitter nunmehr nur noch 32 % Alkohol hat und deutlich bekömmlicher ist. Er wird in einer 0,5 Liter Flaschen angeboten und seit 2003 auch in einem 0,2 Liter Fläschchen.

        Dez. 2005

 
 

 

 

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